Frauenfrühstück in Flensburg: Gewalt in Beziehungen hat viele Gesichter
Noch immer ist das weibliche Geschlecht zu oft männlicher Gewalt ausgesetzt - auch Zahlen aus Flensburg zeigen das. Das Frauenhaus musste im vergangenen Jahr mehr als 400 Frauen und ihre Kinder aus Platzgründen abweisen, wie Mitarbeiterinnen beim VdK-Frauenfrühstück in Flensburg berichteten.

Guter Einblick über Hilfeeinrichtungen für gewaltbetroffene Frauen
Heidi Lyck, Frauenvertreterin im VdK Nord, und Petra Ulbrich, Frauenvertreterin im Bezirksverband Schleswig, hatten zu der Veranstaltung unter dem Titel „Dann zeigte er sein wahres Gesicht – Gewalt in Beziehungen“ eingeladen und die Räumlichkeiten im Gemeindehaus der Christuskirche Mürwik waren bis auf den letzten Platz belegt. Die Teilnehmenden erhielten einen guten Einblick über Hilfeeinrichtungen in Flensburg. Im Frauenhaus finden Frauen und ihre Kinder Zuflucht vor häuslicher Gewalt und können Kraft für einen Neuanfang tanken. Aktuell verfügt das Haus über 22 Plätze. Es gibt ein Büro, Kinderzimmer und Schlafräume, außerdem eine Gemeinschaftsküche – und ist dennoch heillos überbelegt. Von Januar bis Mitte Oktober 2022 mussten 142-mal Frauen und 174-mal Kinder aus Platzgründen abgewiesen werden. 2023 waren es 157 Frauen und 194 Kinder und 2024 bis Ende Oktober insgesamt 434 Personen. Angesichts der jährlich steigenden Zahl besteht hier dringender Handlungsbedarf.
Beim Frauenfrühstück miteinander ins Gespräch gekommen
Betroffene schildert jahrelange häusliche Gewalt
Ebenfalls zu Gast war Carolin Thomsen vom Frauennotruf Flensburg. Die Anlaufstelle für Frauen und Mädchen ab 16 Jahren berät und begleitet Betroffene und deren Angehörige bei häuslicher Gewalt – und das kostenfrei, unbürokratisch und vertraulich. „Viele, die zu uns kommen, erleben häusliche Gewalt nicht nur in Form körperlicher Misshandlungen“, erläuterte sie, „Gewalt wird auch seelisch, sozial oder finanziell ausgeübt“. Davon konnte eine Betroffene beim Frauenfrühstück aus eigener Erfahrung berichten. Zu Beginn der Beziehung sei es ein sehr freundlicher, liebevoller Umgang gewesen – allerdings da schon geprägt von massiver Eifersucht. Diese steigerte sich im Laufe der Zeit bis zur kompletten Kontrolle der Bewegungswege. Busfahren war nicht mehr erlaubt, stattdessen kaufte der Mann ihr ein Mofa. Eigenständiges Handeln war für sie nicht mehr möglich. Die Gesamtsituation endete mit massiven körperlichen Angriffen. Die Angst um Leib und Leben führte sie zusammen mit ihren zwei Kindern schließlich zum Verlassen des Mannes.
VdK begrüßt Gewalthilfegesetz
Frauen wie sie, die es schaffen, sich aus einer gewaltvollen Beziehung zu lösen, lassen meist viel zurück, nicht selten ihr ganzes vorheriges Leben. „Die Frauen geben oft ihr soziales Umfeld auf, das muss dann alles neu aufgebaut werden“, betonte Carolin Thomsen. Für ihre Rechte gibt es aus VdK-Sicht dennoch einen Erfolg: Mit dem Gewalthilfegesetz haben von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder künftig einen Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung. In Kraft tritt das Gesetz aber erst 2032. „Das ist ein zu langer Zeitraum“, kritisierten die Expertinnen beim Frauenfrühstück. Außerdem sollte das Budget für bedürftige Frauen zum Neustart einfach möglich sein.
Hilfetelefon
Wenn Sie oder jemand in Ihrem Umfeld Unterstützung braucht, zögern Sie nicht, das Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen unter Externer Link:116 016Externer Link:116 016 zu kontaktieren. Die Beratung ist anonym, kostenfrei, rund um die Uhr erreichbar und in 18 Sprachen möglich.