Kategorie Erfolgsgeschichte Sozialrecht Behinderung

VdK erstreitet blauen Parkausweis für Mitglied mit Lungenerkrankung

Von: Jörg Ciszewski

Ein blauer Parkausweis ist nicht leicht zu bekommen: Die Kriterien sind hoch, häufig werden Anträge deshalb abgelehnt. Dem VdK Sachsen gelang es nun, ihn für ein Mitglied zu erstreiten.

Ein Schild, das einen Behindertenparkplatz ausweist.
© IMAGO / Manngold

Ein eckiger schwarzer Kasten, 30 Zentimeter hoch, 17 breit, zwölf tief, drei Kilo schwer – so sieht Sibylle Grundners (Name von der Reaktion geändert) ständiger Begleiter aus. Keinen Schritt tut sie ohne ihn. Verlässt sie das Haus, trägt sie ihn in einem grauen Rucksack auf dem Rücken. Das Sauerstoffgerät ist ihre Überlebensgarantie für den Fall, dass ihr die Luft ausgeht. 

Das kann schnell passieren: Sibylle Grundner leidet an der seltenen Krankheit Lymphangioleiomyomatose, kurz LAM. In ihren Lungen bilden sich untypische, glatte Muskelzellen, verdrängen und zerstören das gesunde Gewebe, sodass ihr immer weniger Luft zum Atmen bleibt.

Selbst mit dem Gerät kann sie sich je nach Anstrengung maximal drei Stunden außerhalb ihres Hauses bewegen, dann muss es aufgefüllt werden. Jeder Einkauf, jeder Ausflug, jeder Arztbesuch muss daher gut geplant sein.

Kaum noch raus

Nicht planbar war jedoch bislang, ob sie in dem Leipziger Viertel, in dem sie mit ihrem Ehemann lebt, einen nahen Parkplatz findet. Denn davon gibt es nur wenige.

Die Angst, den Weg zurück zur Wohnung dann nicht mehr zu schaffen, war daher Grundners zweiter ständiger Begleiter. Zuletzt hat sie deshalb kaum noch etwas unternommen. Ein Behindertenparkplatz vor der Tür schien die Rettung zu sein.

Doch die Voraussetzungen für einen blauen Parkausweis, der zur Nutzung von Behindertenparkplätzen berechtigt, sind mit einem Grad der Behinderung (GdBkurz fürGrad der Behinderung) von mindestens 80 und einem Merkzeichen aG (außergewöhnliche Gehbehinderung) hoch. Deshalb holte sich Grundner Unterstützung beim Externer Link:VdK Sachsen.

VdK-Juristin Kathleen Daute beantragte bei der Stadt Leipzig, dass Grundners GdBkurz fürGrad der Behinderung von 60 auf 80 heraufgesetzt und das Merkzeichen aG zuerkannt wird. Doch das Sozialamt sah die Voraussetzung einer „erheblichen mobilitätsbezogenen Teilhabebeeinträchtigung“ für die Anerkennung des GdBkurz fürGrad der Behinderung 80 nicht erfüllt. Die Stadt lehnte ab.

Daute wies in ihrem Widerspruch auf die vielen Einschränkungen hin, die Grundner in ihrem Alltag durch ihre Erkrankung hat. Die Ablehnung auch des Widerspruchs war dann eine herbe Enttäuschung. „Ich musste schon oft um Hilfsmittel kämpfen. Aber diese Ablehnung habe ich überhaupt nicht verstanden“, sagt sie.

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Eindeutiger Befund

Kathleen Daute stellte sich auf einen langen Streit ein: Sie klagte beim Sozialgericht Leipzig nicht nur gegen die Ablehnung, sondern, weil Grundners Gesundheitszustand inzwischen so schlecht war, auch für das Merkzeichen B, das zur Mitnahme einer Begleitperson berechtigt. Dafür regte Daute beim Gericht die Einholung aktueller Befundberichte von der Uni-Klinik Leipzig an. Als diese vorlagen und eindeutig waren, ging plötzlich alles ganz schnell: Die Stadt erkannte den GdBkurz fürGrad der Behinderung von 80 sowie die Merkzeichen aG und B an. In dem Bericht stand, dass sich der Gasaustausch in der Lunge weiter verschlechtert und somit der Gesundheitszustand erheblich verschlimmert hatte.

Inzwischen hat die Stadt vor der Wohnungstür von Sibylle Grundner einen Behindertenparkplatz eingerichtet. „Der gibt mir ein Freiheitsgefühl, das ich lange nicht mehr kannte“, sagt sie begeistert. Kürzlich ist sie mit ihrem Mann zur Landesgartenschau nach Torgau gefahren – seit Langem ohne Angst, zu Hause keinen Parkplatz zu finden.