VdK Nord zur Bürgergeld-Debatte: Mehr in Qualifizierung und Infrastruktur investieren
VdK-Landesverbandsvorsitzende Regina Bunge zur Diskussion um den Vorschlag von CDUkurz fürChristlich Demokratische Union und FDPkurz fürFreie Demokratische Partei, das Bürgergeld ganz zu streichen bei sogenannten Totalverweigerern:
Eine 100-prozentige Streichung des Bürgergeldes ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Das hat bereits 2019 das Bundesverfassungsgericht entschieden. Das Bürgergeld ist eine Leistung des Sozialstaates zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Es sichert die Existenz für diejenigen, die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen decken können und ermöglicht damit eine Teilhabe am kulturellen und sozialen Leben unserer Gesellschaft. Eine Streichung oder auch nur eine Kürzung des Bürgergeldes hätte schwerwiegende Folgen für die betroffenen Leistungsbezieher, denn das ginge mit erheblichen Schwierigkeiten, ihren Lebensunterhalt zu sichern, einher. Energiekosten könnten nicht mehr bezahlt und Lebensmittel nicht mehr gekauft werden. Ohne die finanzielle Unterstützung des Bürgergeldes würde das Geld für die Miete nicht mehr aufgebracht werden können und es droht die Gefahr, in die Obdachlosigkeit abzurutschen. Ein Mangel an finanziellen Ressourcen führt unter Umständen dazu, dass die Menschen nicht in der Lage sind, angemessene medizinische Versorgung zu erhalten, vermehrte Gesundheitsprobleme wären die Folge. Nicht zuletzt führt die mangelnde finanzielle Unterstützung durch das Bürgergeld auch zu sozialer Isolation, weil eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben nicht mehr gegeben ist.
In der ganzen Bürgergelddebatte ist stets von Totalverweigerern die Rede. Auch wir finden es nicht richtig, wenn man arbeiten könnte, aber stattdessen die Solidargemeinschaft beansprucht. Bei genauer Ansicht der Zahlen erkennt man jedoch, dass gerade mal 1,3 Prozent der Bürgergeldempfänger sich weigern, eine Arbeit aufzunehmen. Den anderen ist es aus unterschiedlichsten Gründen unmöglich, arbeiten zu gehen. Beispielsweise sind sie zu jung, weil unter 15 Jahre alt, die Gesundheit spielt nicht mit, adäquate Arbeitsbedingungen oder etwa die dringend benötigte Infrastruktur fehlen. Wie sollen beispielsweise die 160.000 Alleinerziehenden, die auf Bürgergeld angewiesen sind, bei dem Mangel an Kita-Plätzen überhaupt in Vollzeit arbeiten gehen, um so den Lebensunterhalt ihrer Familie zu sichern?
Um mehr Menschen in Arbeit zu bringen, braucht es vor allem mehr Mittel für Aktivierungs- und Vermittlungsangebote sowie genau abgestimmte Qualifizierung und Weiterbildungsmaßnahmen. Das erhöht die Beschäftigungschancen. Die Förderung von flexiblen Arbeitsmodellen ermöglicht es ebenfalls mehr Menschen, eine Arbeit aufzunehmen. Nicht zuletzt würde eine Verbesserung der Infrastruktur dazu beitragen, dass mehr Menschen erwerbstätig sein können. Dazu zählt vor allem eine gute Verkehrsanbindung und die Verfügbarkeit von Kinderbetreuungseinrichtungen.
Wir als Sozialverband VdK Nord finden es enorm wichtig, dass an solchen Stellschrauben gedreht und nicht mit populistischen Aussprüchen wie „Totalverweigerer“ oder „Arbeit lohnt sich nicht“ Wahlkampf gemacht wird.